Zisterzienserinnenkloster Mariä Himmelfahrt
Ein besonderes Kleinod in der geschichtsträchtigen, mit zahlreichen kulturhistorischen Zeugnissen durchsetzte Landschaft zwischen Härtsfeld und Ries stellt das ehemalige Zisterzienserinnenkloster Mariä Himmelfahrt zu Kirchheim am Ries dar. Abseits der pulsierenden Verkehrsadern, hat es sich eine stille Beschaulichkeit bewahren können, die durch die alles umfassende Klostermauer noch gesteigert wird.
Im Jahre 1267 stiftete Graf Ludwig III von Oettingen am Rande des damaligen Doppeldorfes Kirchheim mit den Pfarreien St. Martin im unteren und St. Jakob im oberen Dorf ein Frauenkloster und begabte es reich. Durch spätere Erwerbungen gelangte das Kloster allmählich zu stattlichem, aber zerstreuten Besitz. Das Patronatsrecht der beiden Pfarrkirchen zu St. Martin und St. Jakob schenkten die Oettinger Grafen 1274 dem Kloster. 1307 wurden die beiden Pfarreien zusammengelegt und dem Kloster inkorporiert.
Die Schirmvogtei des Klosters behielten die Grafen von Oettingen. Graf Ludwig XV reformierte in den Jahren nach 1543 das Dorf. Die Klostergemeinschaft widersetzte sich und blieb katholisch. Durch den Reichsdeputations- hauptschluss fiel Kirchheim an das Fürstentum Oettingen-Wallerstein. Das Kloster wurde aufgehoben. Die Nonnen durften in ihrem Konvent zusammenbleiben. Mit Anna Wörner aus Ellwangen starb am 14. Februar 1858 die letzte Nonne.
Das Kloster heute
Der Verfall der ungenützten Gebäude führte um 1870 zum Abbruch bedeutender Teile des Klosters, darunter der doppelstöckige Kreuzgang. Seit 1817 dient die ehemalige Klosterkirche der katholischen Pfarrei als Pfarrkirche. In den Konventgebäuden wurden Altersheim und Kindergarten eingerichtet. Fürst Eugen zu Oettingen-Wallerstein übereignete im Mai 1948 Pfarrkirche, Pfarrhaus, Abteiflügel und den südlichen Klostergarten kostenlos der katholischen Pfarrgemeinde Kirchheim. In den weitläufigen Wirtschaftsgebäuden wurden im Zuge der Landreform mehrere neue bäuerliche Betriebe angesiedelt.
Hompage: Kloster Lab
Eingangsbereich
Einlass in den Klosterbezirk gewährt der 1724 vollendete Torbogen. Aus den Nischen zur Straßenseite hin grüßen die Statuen des Hl. Bernhard, der Mutter Gottes mit dem Jesuskind und die Hl. Humbelina den eintretenden Besucher, während auf der Hofseite die Statuen des Hl. Sebastian, des Hl. Josef und der Hl. Afra die Fassade zieren. Zwischen den verschiedenen Wirtschafts- und Wohngebäuden hindurch führt der Weg direkt zum Klosterplatz, der durch das Wasserspiel einer neu erstellten Brunnenanlage belebt, im Süden durch die imposante Front von Abteiflügel und Klosterkirche beherrscht und nach Norden durch altes Pfarrhaus, Vorgarten zum neuen Pfarrhaus und der Mauer zum Parkplatz anstelle des abgebrochenen Gästehauses abgeschlossen wird.
Der zweigeschossige Abteiflügel, der bis 2011 als Altersheim dient, wurde 1683 vollendet. Die ebenmäßig gegliederte Fassade wird durch vier Sandsteinportale aufgelockert, von denen das Hauptportal durch die Statuen des Hl. Bernhard, der Mutter Gottes und der Hl. Humbelina besonders ausgezeichnet ist. Die Initialen E - A - Z - K und das Äbtissinnenwappen weisen auf Euphemia als Äbtissin zu Kirchheim hin.
Der Weg in die 1358 vollendete, von einem zierlichen Dachreiter überragten Klosterkirche führt an der Ölbergszene aus dem 16. Jahrhundert vorbei zunächst in die Münsterkapelle, die auf der Nordseite eine kleine Vorhalle zur Kirche bildet. Der Raum wird von einem verzweigten Rippennetzgewölbe überspannt.
Der bewegte Aufbau des Rokokoaltars mit den Figuren des Hl. Josef und des Hl. Antonius von Padua, sowie Gottvater und der Taube des Hl. Geistes umrahmt die ausdrucksstarke Pieta aus dem frühen 15. Jahrhundert. Neben dem Altar ein Kerkerchristus in vergitterter Nische. Aus dem 16. Jahrhundert stammt der Gedenkstein des Klosterpflegers Christoph von Demenstein.
Ausstattung
Die Klosterkirche ist im frühgotischen Stil errichtet und wurde um 1300 vollendet. Hohe Maßwerkfenster und die seitlichen Strebpfeiler weisen himmelwärts. Der Zeitgeschmack mehrerer Jahrhunderte hat dem Innenraum sein heutiges Aussehen verliehen. Überschäumende barocke Lebensfreude strömt von dem 1756 geschaffenen Hochaltar mit der figurenreichen Szene von der Aufnahme Mariens in den Himmel. Zur spätgotischen Madonna mit dem Kinde im Mittelpunkt des Altars gesellen sich seitlich zwischen den Säulen die Ordensväter, der Hl. Benedikt links und der Hl. Bernhard rechts. Gedenksteine von besonderer Bedeutung sind links neben dem Altar die Grabsteine des Stifters und seiner Gemahlin, sowie auf der rechten Seite das Relief des Grafen Ludwig XI, der als Hofmeister in den Diensten Kaiser Sigismunds stand. Spätgotisches Chorgestühl rahmt den Altarraum, in dessen Mitte nun der neue Volksaltar Zentrum der gläubigen Gemeinschaft ist.
Seitenaltäre und Kanzel runden die barocke Ausstattung ab. Im linken Altar die 1672 gemalte Anbetung der Hirten. Seitlich die Statuen von Joachim und Anna, die Eltern der Hl. Maria. Auf dem Giebel schweben zwei Engel und der Hl. Josef. Der Reliquienschrein enthält die Gebeine der Märtyrerin Seraphia. Im rechten Seitenaltar wird das Bild der Kreuzigung durch die Apostel Petrus und Paulus gerahmt. Auf dem Giebel steht zwischen zwei Ordensfrauen der Hl. Bernhard.
Die Gebeine des Märtyrers Clemens aus den römischen Katakomben ruhen in diesem Reliquienschrein. Einige spätgotische Holzplastiken verdienen besondere Beachtung, darunter Anna Selbdritt und die Krönung Mariens durch Gottvater und Christus.
Stephanskapelle
Die westlichen vier Gewölbe sind mit einer reichen Stuckdekoration versehen und machen die frühere Ausdehnung der Nonnenempore deutlich. Das gotische Chorgestühl, in der Barockzeit mit bedeutenden Angehörigen des Zisterzienserordens ausgemalt, und die neue Orgel aus dem Jahr 1967 werden von dem 1678 entstandenen Uhrturm überragt. Unter der Nonnenempore befindet sich die Stephanskapelle. Teile der spätgotischen Ausmalung wurden restauriert, verschiedene Grabsteine, darunter der des Grafen Friedrich III vom Oettingen und seiner Gemahlin, sowie mehrere Äbtissinnen, sind hier aufbewahrt.
Eine kleine Pforte erschließt den Zugang zum Klostergarten und gibt den Blick auf die erhaltenen ältesten Teile der Klosteranlage frei. Von den Konventbauten mit dem Kreuzgang blieb nur der Westflügel erhalten. Bei der Fassadenrenovierung im Jahre 1976 konnten fünf romanische Fenster wieder freigelegt werden und zahlreiche Spuren verschiedener Bauperioden festgestellt werden.
Kapelle & Frauenchor
Die Stiftskapelle stellt das ursprüngliche Gotteshaus der Klosteranlage dar. Der quadratische Raum weist mit seinem auf einer Mittelsäule ruhenden vier Kreuzrippengewölben und den klaren kräftigen Bauelementen die typischen Formen des auslaufenden 13. Jahrhunderts auf. Im Osten ist der Kapelle ein zierlicher Polygonaltar angefügt, der mit seinen fünf Maßwerkfenstern den Altarraum belichtet.
Der Frauenchor schließt sich erhöht liegend an die Stiftskapelle an und gewährt durch zwei große, vierfach gegliederte Maßwerkfenster die Teilnahme am Geschehen in der Stiftskapelle. Im späten 14. Jahrhundert wurde nach der Fertigstellung der großen Klosterkirche dieser Raum als Allerheiligenkapelle umgestaltet.
Mitten darin liegt der Doppelgrabstein der Äbtissin Kunigunde von Heideck und ihrer Schwester Anna. Die drei Altäre sind allen Heiligen, den Zehntausend Märtyrern und der Hl. Ursula mit ihren elftausend Jungfrauen gewidmet.
Klostergarten
In einjähriger Eigenleistung mit vielen freiwilligen Helfern wurde der verwilderte Klostergarten rekonstruiert. Nach historischen Plänen wurden die Grundrisse des früheren Kreuzgangs und der ehemaligen Anna-Kapelle abgesteckt. Diese Grundlinien bilden heute die Spazierwege auf dem Gelände, in den Zwischenräumen wurde Rasen gesät, und Ruhebänke und Info-Tafeln platziert. Die Besucher sollen spazieren und sich erholen können, aber auch Informationen über das Kloster erhalten.
Den Besuchern bietet sich ein faszinierender Blick auf Pfarrkirche und die frühere Abtei, der erahnen lässt, welche Einkehr dieser Ort in früherer Zeit bereits ermöglichte. Während der 16. Rieser Kulturtage im Mai 2006 wurde der neu gestaltete Klostergarten feierlich eingeweiht.
Erstmals, nach Fertigstellung der Klostergartenneugestaltung, fand 2007 die Veranstaltungsreihe "Kultur in der Klosteranlage" statt. Bei verschiedenen Konzerten, einer Tai Chi - Vorführung, gemütlichen Festen oder bei Führungen konnte die Klosteranlage den Besuchern näher gebracht werden. Neue Akzente hat auch ein Freilichttheater gesetzt, das in 2008 erstmals durchgeführt worden ist. Koordiniert von der bürgerlichen Gemeinde durch Bürgermeister Willi Feige und durch den Laienvorsitzenden der kath. Kirchengemeinde, Klaus Panni, hat Martin Bernard – bekannt als Autor der nun schon fast traditionellen Passionsspiele im Teilort Dirgenheim – als Initiator weitere Mitstreiter um sich gesammelt.
Unter dem Titel „Die Nonne und der Dieb“ wurde eine unterhaltsame Kriminalkomödie geschrieben, die an drei Wochenenden im Juni 2008 mit ausschließlich Laienschauspielern erfolgreich zur Aufführung kam. Bereits zwei Jahres später, im Juni 2010, wurde ebenso erfolgreich die Fortsetzung „Aufruhr im Kloster“ gespielt. Im zweijährigen Rhythmus wird nun dieses Freilichttheater durchgeführt.
Klöster in Baden-Württemberg
Informationen über die mehr als 700 Klöster in Baden-Württemberg finden Sie auf den Seiten des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg. Recherchieren Sie anhand verschiedener Kriterien und reisen Sie durch ein Stück Baden-Württembergische Geschichte.